Jahr: 2008
Verlag: Penguin

Byzantium

The Surprising Life of a Medieval Empire

Judith Herrin

Ich kann nicht behaupten, mich für alle Aspekte der byzantinischen Geschichte zu interessieren. Den ganzen Ikonen-Craze etwa oder überhaupt das orthodoxe Christentum finde ich nicht so spannend. Mehr begeistert mich, wie das Reich nach dem Untergang Westroms über tausend Jahre die römische Geschichte fortschrieb (die Byzantiner nannten sich selbst nicht so, sondern empfanden sich als Römer), dabei sich ständig in einem Abwehrkampf befindend und territorial meist schrumpfend, bis am Ende fast nur noch ein Stadtstaat übrig war.

Das byzantinische Reich blockierte fremden Mächten jahrhundertelang den Zugang zu Europa, das sich im Rücken Konstantinopels entwickeln konnte. Man war dem Rest des Kontinents, vielleicht mit Ausnahme des arabischen Córdoba, kulturell und technisch haushoch überlegen, wahrte auf eine Art römische Tradition, war jedoch zugleich von deren Ursprüngen so sehr entfernt, dass das Reich aus mittel- oder westeuropäischer Sicht merkwürdig und fremdartig war. Was es eben so faszinierend macht.

Judith Herrins Buch arbeitet keine Jahreszahlen ab, gibt dennoch mehr als nur einen groben Überblick; man erfährt über das Leben am kaiserlichen Hof, die berühmte byzantinische Diplomatie, Wirtschaft, Architektur, das »Griechische Feuer« (die Geheimwaffe des Reiches) oder das, brrr, teils gar freiwillig auf sich genommene Eunuchentum.